Grillen ohne unerwünschte Nebenwirkungen

03.08.2022
Foto Alfred Kindler

Nur den wenigsten ist bekannt, dass der Großteil der Holzkohle, die hierzulande Grillfeste befeuert, aus Afrika und zu einem kleineren Teil aus Südamerika stammt. Dort wird sie meistens in einfachen Meilern hergestellt, wie man sie schon im Altertum kannte. Um ein Kilogramm Grillkohle herzustellen, brauchen die Köhler:innen rund zehn Kilogramm Holz. Österreichweit werden jährlich rund 14.500 Tonnen des schwarzen Energie- und Geschmacksträges über die Kassenscanner der Bau- und Supermärkte gezogen. Europaweit sind es sogar 800.000 Tonnen. Das heißt, es geht um Millionen Tonnen von Holz und einen massiven Beitrag zur Entwaldung, oft in sensiblen und bedrohten Ökosystemen, wie die Dokumentation Klimakiller Grillkohle von Johannes Bünger und Vivien Pieper aufzeigt.

Ist dies nun das moralische Aus für den Volkssport Grillen? „Nein“, meint Alfred Kindler. Aber ein Gasgriller ist für den Biomasse- und Klimareferenten der Landwirtschaftskammer Steiermark und Geschäftsführer der Südoststeirischen Pelletierungsgenossenschaft auch ein „No-Go“. So machte er sich vor zwei Jahren auf die Suche nach einem geeigneten Ersatz und wurde schließlich einerseits in der Geschichte, andererseits auf dem Acker fündig. „Noch vor 50 bis 60 Jahren haben die Menschen in der Steiermark Maisspindeln verbrannt, um damit Suppe zu kochen. Mit der Einführung des Mähdreschers blieben die Maisspindeln jedoch am Feld.“

Reststoff als Wertstoff. Dank eines neuen Erntesystems verwendet man in Halbenrain bei Bad Radkersburg bereits heute Maisspindeln zur Produktion von Einstreu und Brennstoff. Nun sollen eingesackte Maisspindeln als Ersatz für Grillkohle auf den Markt gebracht werden – eine Geschäftsidee, die es in die Top-10 von greenstart, der Start-up-Initiative des Klima- und Energiefonds, geschafft hat. „Wir hoffen bei greenstart auf Unterstützung durch Marketingspezialist:innen“, sagt Kindler. Denn der Markteintritt mit einem Produkt, das noch niemand kennt, ist nicht so einfach.

Versuche an der TU und zahllose Praxistests auf dem eigenen Griller zeigten, dass der Reststoff von den Feldern relativ sauber verbrennt. „Es entsteht weitaus weniger Ruß als bei Grillkohle und ein ebenso köstliches Grillaroma“, schwört Kindler auf die neue nachhaltige Form des Grillens und erklärt auch gleich, wie’s funktioniert. „Man stapelt zwei Schichten Maisspindeln aufeinander, begießt sie mit flüssigem Grillanzünder, spart dabei den Rand nicht aus, und zündet an. Nach zwanzig Minuten kann das Grillgut aufgelegt werden.“ Maisspindeln glühen heißer, aber kürzer als Grillkohle.

Großes Potenzial. Für den Anfang könnten die 400 Hektar Maisfelder rund um Bad Radkersburg etwa 400 Tonnen Maisspindeln jährlich liefern. Doch die Idee, die auch in der Modellregion Bioökonomie & Kreislaufwirtschaft Steirisches Vulkanland ein wichtiges Thema ist, hat internationales Potenzial. „Würden wir die Hälfte der in der EU verbrannten Grillkohle durch Maisspindeln ersetzen, könnten wir jährlich acht Millionen Tonnen CO2 einsparen“, rechnet Kindler vor. Und so lud man heuer im Mai Teilnehmer:innen des EU-Projekts Coopid aus zehn Ländern zum Schaugrillen auf Schloss Stein ein.

Südoststeirische Pelletierungsgenossenschaft e.Gen.

greenstart