Top3 greenstar 2023 „co2ol catalyst“ im Portrait
21.12.2023Alkohol statt CO2-Emissionen
Karin Föttinger ist Professorin am Institut für Materialchemie der TU Wien und Leiterin der Forschungsgruppe Technische Katalyse. Als solche machte sie sich auf die Suche nach Alternativen zu kupferbasierten Katalysatoren, mit denen Kohlendioxid aus industriellen Abgasen zurückgewonnen werden kann. „Diese Katalysatoren verlieren rasch an Wirkung, wenn die Abgase auch Schwefel enthalten. Eine Vorreinigung der Abgase ist jedoch aufwendig und teuer“, erklärt die Forscherin.
Wie geschmiert. Föttinger und ihr Team wurden fündig – und zwar bei einer Substanz, die in der Industrie und von Handwerker:innen gerne als Schmiermittel eingesetzt wird: Molybdänsulfid (MoS2). In Kombination mit Zusatzelementen wird das CO2 in Abgasen aufgespalten und mit Wasserstoff in Methanol verwandelt. „Dieser neue und vor gut einem Jahr patentierte Katalysator ist unempfindlich gegen Schwefel und ermöglicht es, ein begehrtes Grundprodukt für die chemische Industrie herzustellen“, freut sich Föttinger. Gleichzeitig verbessert sich durch eine höhere Selektivität die Prozesseffizienz.
Gemeinsam mit Christian Weilach, ebenfalls Chemiker und Erfinder mit langjähriger Industrieerfahrung, möchte Föttinger nun den großen Schritt von erfolgreichen Laborversuchen zu industriellen Anlagen wagen. Mit Unterstützung des Innovation Incubation Centers der TU Wien (i2c) gründen die beiden ein Spin-off namens co2ol catalyst (sprich: cool catalyst).
Passende Zutaten. Derzeit laden die Forscher:innen Industrieunternehmen ein, Abgasproben an die TU Wien zu senden. „Wir untersuchen einerseits, welche weiteren Inhaltsstoffe den chemischen Prozess beeinträchtigen könnten, andererseits wollen wir für die jeweiligen Abgastypen maßgeschneiderte Katalysatoren entwickeln“, erläutert Föttinger. Dazu ist co2ol catalyst auch auf der Suche nach einem/einer Prozesstechniker:in für das Prototypendesign und nach Kooperationspartner:innen mit Expertise in den Bereichen Abgasströme und Anlagenbau.
Noch ist die Methanolproduktion aus Abgasen zwei- bis dreimal so teuer wie die derzeitige großtechnische Herstellung aus fossilen Quellen. „Doch wir sind überzeugt, dass unsere Methode spätestens Mitte der 2030er auch wirtschaftlich sehr interessant wird – unterstützt durch den dann weitaus höheren Preis für CO2-Emissionen und die gesteigerte Nachfrage nach Methanol“, sagt Weilach. In etwa anderthalb Jahren möchten die Gründer:innen einen mobilen Prototypen bauen und diesen bei verschiedenen Industriebetrieben einsetzen.
Großes Potenzial. „Der Bedarf an kohlenstoffhaltigen Chemikalien wird in den nächsten Jahren massiv steigen. Derzeit werden weltweit rund 100 Millionen Tonnen Methanol erzeugt, im Jahr 2050 werden es 500 Millionen Tonnen sein“, rechnet Weilach. „Etwa die Hälfte davon könnte künftig aus CO2 hergestellt werden. „Unser Katalysator trägt also dazu bei, die CO2-Emissionen der Chemie-, Stahl- und Zementindustrie zu reduzieren und in eine wertvolle Ressource umzuwandeln.
„Durch greenstart knüpfen wir neue Kontakte und erweitern unsere Netzwerke“, so Föttinger. „Wir schätzen das Coaching und die Feedbacks, aber auch die Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit. Dadurch sind wir für potenzielle Partner:innen nun leichter zu finden.“